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  • Robert Enz

Erfolg XXL: Schwieriges Marktumfeld? Der Elefant macht's Ihnen mal vor ...

Aktualisiert: 29. Dez. 2020


Schwierige Marktbedingungen? Fragen Sie mal den Elefanten! Der hat sich aufs Problemlösen spezialisiert.

Der Elefant an sich ist ein robuster Zeitgenosse. Und zwar nicht erst des Menschen: Denn als der Homo Sapiens das Licht der Welt erblickte, war der Elefant schon drei Millionen Jahre da. Mithin darf der Elefant als evolutionsgeschichtlich recht erfolgreich gelten. Hierbei mag dem grauen Riesen manches Glück zustatten gekommen sein, das vor ihm dem Dinosaurier vorenthalten geblieben war. Im ganzen aber ist evolutiver Erfolg kein Zufall. Und wenn wir als Organisationen lernen wollen, so dürfen wir abseits ausgetretener Erkenntnispfade durchaus mit Nützlichem rechnen ...


 

Wie es der Elefant eben auch tut. Denn der durchzieht Gegenden, die als unwirtlich gelten dürfen und in denen die meisten anderen Säuger und Organismen kapitulieren: Temperaturen um die 45 Grad. Wasser? Sporadisch. Stattdessen Sand. Sehr viel Sand. Bewuchs karg. Nahrung? Rar, nährstoffarm und zu allem Überfluss schwer zugänglich. Keine Gegenden, in denen man den größten Landsäuger der Erde anzutreffen erwartet.


Dennoch: Der Elefant kann's. Und guckt noch recht freundlich, wo unsereiner innerhalb kürzester Zeit im besten Fall bedient wäre. Sowas macht man nicht einfach so. Dafür braucht es ein paar Qualitäten, die man seinen evolutiven Mitbewerbern voraushat.


Zum Beispiel und vor allem ein solides Hitze-Management. Das sich beim Elefanten gleich auf eine ganze Anzahl von Systemen herunterbricht. Na klar, hier denkt jeder zuerst an die Ohren: Wer große bewegliche Ohren hat, kann Wind machen, ohne zuvor Fächer und Ventilator erfunden zu haben. Und einmal großzügig in die Ohren investiert, lässt sich hier gleich noch eine Zusatzfunktion unterbringen: In Form eines leistungsfähigen Adernsystems, das vierzehn Liter Blut in der Minute zur Kühlung durch die großen Lappen leitet. Der Elefant hat das Prinzip der Durchsatzmaximierung im wörtlichen Sinne verinnerlicht und zur Überlebensstrategie gemacht.


Solche Hotspots zur Regulierung der Bluttemperatur finden sich auch an anderen Stellen der Außenhaut des Elefanten. Ebenso wie eine lichte Behaarung, über die er Wärme vom Körper ableitet, während alle übrigen Säuger durch Haare Temperatur halten. Umgekehrt leistet sich der Dickhäuter keine Schweißdrüsen: Wasser gibt es in seinen Breiten nicht zu verschenken.


Ein unschätzbarer Vorteil, an dieser Achillesverse allen Lebens ein paar weitere Trümpfe ausspielen zu können: Allem voran die Fähigkeit, Wasservorkommen überhaupt erst aufzuspüren. Zu welchem Zweck dem Elefanten sein sprichwörtliches Gedächtnis zugute kommt, das ihn die genaue Position von einst aufgesuchten Wasserstellen über Jahrzehnte erinnern lässt. Soweit bekannt? Was Sie vielleicht nicht wissen: Der Elefant hat überdies ein ausgesprochen feines Füßchen. So fein, dass er die seismischen Schwingungen registriert, die ein Regen in einigen hundert Kilometern Entfernung auslöst. Anlass genug, sich unverzüglich in Bewegung zu setzen.


Einmal an der Wasserstelle angekommen, zieht er in fünf Minuten 200 Liter weg (richtig: Durchsatz), paniert sich die faltige Haut mit kühlendem Schlamm und packt noch fünf Liter Wasser Notstandsreserve in einer Mundtasche ein.


Woraufhin er sich ja wieder ans Fressen machen kann. Womit der Elefant den Großteil des Tages zubringt: Schließlich müssen 300 kg Nahrung erst eingesammelt werden. Und die Savanne deckt ihm nicht eben reich den Tisch. Der Elefant ist's zufrieden und nimmt auch mit Holz vorlieb, nachdem er die Baumkronen mit dem universellsten seiner Werkzeuge entlaubt hat. Ein dankbarer Gegner so ein Baum: Einfach mit Rüssel (40.000 Muskeln) und Stoßzähnen abgebrochen oder wahlweise ausgerissen, und schon ist die Mahlzeit bereitet.


Holz verträgt nicht jeder. Der Elefant aber eben doch. Dank eines überdimensionierten Blinddarms. Um die sperrige Kost überhaupt so weit zu bekommen, stehen ihm imposante Backenzähne zur Verfügung. Die er – höre, Mensch, und staune! – gleich sechs Mal nachproduzieren kann.


Blieben noch seine natürlichen Feinde. Deren Gewohnheiten der schlaue Riese sehr genau kennt: Kreuzen Löwen an der Wasserstelle auf, kreisen Elefanten die gefährdeten Jungtiere schützend ein. Vernimmt eine Herde menschliche Stimmen ... Ja, was eigentlich dann? Hängt davon ab! Und zwar zunächst vom Dialekt des Stammes: Hat der Elefant in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit einem Stamm gemacht, ergreift die Herde die Flucht. Gehört der Dialekt zu einem nicht vorbelasteten Stamm, grasen die Tiere stoisch weiter. Innerhalb des gefährlichen Stammes aber unterscheidet der Elefant noch einmal nach Stimmen: Frauen, Senioren und Kinder – weiterfressen! Männer mittleren Alters – Flucht!


Das alles findet hinsichtlich der Koordination des Ablaufs seinesgleichen allenfalls noch im Formationsflug eines Starenschwarms oder in der olympischen Darbietung des russischen Damenteams im Synchronschwimmen.


Und ist natürlich kein Zufall, sondern Ertrag einer hochentwickelten kommunikativen Infrastruktur. Der Elefant kommt bereits mit einem großzügigen Vokabular von 2.500 Soundbites zur Welt. Über 6.000 dieser Elefantenrufe sind bekannt, weniger als ein Dutzend entschlüsselt. Elefanten kommunizieren im Spektrum zwischen 5 und 9.000 Hertz: Entspricht zehn Oktaven. Ein ausgebildeter Opernsänger bringt es auf gerade einmal drei. Beinahe neunzig Prozent der Kommunikation des Elefanten findet im Infraschallbereich unterhalb der 16 Hertz statt. Davon hören wir nichts. Hierfür fehlen uns einfach die Füße.


Über welche die Bullen, die sich abseits der weiblichen Herden halten, auch die seismischen Anrufe einer empfänglichen Kuh entgegennehmen. Und da eine Kuh nur alle fünf Jahre mal anruft und dann in zwei bis vier Tagen erreicht sein muss, schreibt der Elefant nicht erst einen Business-Plan, sondern macht sich auf die Sohlen.


In einem Wort: Der Elefant ist ein Tausendsassa. Ein einziger Superlativ. Er verfügt über Systeme und hat sich Fähigkeiten zugeeignet, die es ihm erlauben, in den unwirtlichsten Gegenden unter den widrigsten Umständen zurechtzukommen. Und denkt man sich ihn auf den Fußballplatz, wäre er der natürliche Anwärter auf eine Position im Sturm: Als Gegenmodell zum sprichwörtlichen Chancen-Tod. Denn der Elefant ist darauf trainiert, jede auch noch so seltene Gelegenheit zu antizipieren und zu verwerten.


Tja, da stehen wir nun als Unternehmen. Und lassen uns von unseren Problemen Richtung schachmatt spielen. Schwerwiegender noch: Den Versuchungen der Trägheit nachgebend, machen wir uns zu Opfern ungünstiger Bedingungen, die uns der schwierige Markt, der unerbittliche Wettbewerb, die gemeine Gesetzgebung, die verwöhnte Kundschaft bis hin zum Schicksal in eigener Person aufdiktieren. Einmal in verzweifelter Lage und auf dem Pfad der Bequemlichkeit unterwegs, entwickeln Unternehmen eine naive Empfänglichkeit für schnelle "Lösungen". Die regulär als eingekaufte Beratungsleistungen, als Programme, Reorganisationen oder als methodischer Flavour of the Year daherkommen – Design Thinking, Lean, Scrum, Agile: Her mit den "Tools"! Vor allem aber natürlich mit dem schicken Branding, das wir fortan auf jedes Projekt hauen und in jeder Präsentation verwursteln. Schließlich surfen wir auf der Welle des Zeitgeists.


Verantwortung in den objektiven Rahmenbedingungen verorten, die Apotheke symptombehebender Arzneien bemühen oder nach vermeintlichen Wundermitteln greifen: Naheliegende Reflexe. Aber nicht lebensverlängernd. Aus Sicht des Elefanten, der mit dieser Einstellung bei durchgängigen 25 Grad in einem mitteleuropäischen Freigehege mit Baggersee und täglich dreimaliger Melonenfütterung überleben könnte, das Gebaren einer evolutionären Memme.


Dass der Elefant es aber unter ganz anderen Bedingungen schafft, darf uns als Organisationen Anlass geben, zu ihm auf- und von ihm abzuschauen. Und vor allem eine Erkenntnis davonzutragen: Der Constraint, die erfolgslimitierende Ressource, liegt nicht in den äußeren Bedingungen, sondern im System selbst. In dessen Voraussetzungen, den zugeeigneten Fähigkeiten, im inneren Vermögen. Indem der Elefant spezifische Qualitäten ausprägt, macht er die anspruchsvollen äußeren Bedingungen zu seiner Nische. Und entledigt sich dauerhaft des evolutionären Wettbewerbs.


Eine Strategie, die auch unseren Unternehmen zustatten käme, wo sie sich durch einfältige Business-Reflexe – vom "Benchmarking" über die "Best Practice" bis hin zum "Effizienzsteigerungsprogramm" (?) – immer gleicher machen, statt sich gegenüber der Konkurrenz in einen nachhaltigen Vorteil zu setzen und den Wettbewerb irrelevant zu machen.


Alleinstellung, Unnachahmlichkeit nämlich rühren nicht von der Aneignung und Repetition des allenthalben bereits Vorhandenen, sondern sind die Frucht aktiver Differenzierung. Der Spezialisierung auf Bedingungen, die besondere Fähigkeiten voraussetzen. Nicht der Raum bewegt sich auf das Leben zu; das Leben entwickelt sich in den Raum hinein, eröffnet sich ihn zum Lebensraum.


Zu allen Zeiten entstanden Märkte aus dieser proaktiven Bewegung in den kommerziellen Raum. Niemals war ein Markt unvermittelt da, indem ein Kunde ein konkretes Produktbedürfnis formuliert hätte. Stets haben sich auf der Anbieterseite findige Akteure aus vorhandenen Märkten gelöst, neuen Raum erschlossen und sich auf dessen Bedingungen spezialisiert. Sie wissen schon: Temperatur- und Wasser-Management, Fußsensorik, Dialektkunde, Infraschallkommunikation.


Heute aber, in der Wissensgesellschaft, sichert Marktspezialisierung allein keinen dauerhaften Erfolg mehr. So, wie Sie im modernen Profifußball keine Zeit mehr bekommen, den Ball zu kontrollieren, bekommen Sie auch in Ihrem Markt immer schneller Druck. Weshalb Sie gut daran tun darauf hinzuarbeiten, jede Ballannahme sogleich in die Vorwärtsbewegung umzusetzen. Das ist ein evolutiver Sprung: Aus Marktspezialisten werden Sie zu professionellen Pionieren, zu Spezialisten in der Erschließung neuer Märkte. Mehr als auf den Bestandskunden richtet sich Ihre Unternehmensstrategie nunmehr auf jene weit größere Masse potenzieller Kunden, für die Sie bislang nicht relevant sind.


Und natürlich kommen die Qualitäten zum Marktnomadismus – der Elefant trompetet es unüberhörbar auch für unsere minderbemittelten Ohren – nicht frei Haus. Vielmehr gilt es ein paar Dinge zu lernen ...


Zuerst mit Blick auf die Einstellung: Aufhören zu klagen! Bricht Ihnen Ihr Markt weg, dann haben Sie es offenkundig versäumt, sich für neue Opportunitäten zu interessieren (Was kann man eigentlich noch so mit Papier machen, außer Druckerschwärze darauf aufzutragen?). Kämpfen Sie mit Argumenten des niedrigsten Preises um Ihre Kunden, dann haben Sie augenscheinlich bei Produkt und Service nicht mehr zu bieten als die Konkurrenz. Beschäftigen Sie sich mit Programmen zur Kostensenkung, dann fehlt es Ihnen offensichtlich an Erlöskompetenz. Fällt Ihre Lieferkette wie ein Kartenhaus zusammen, weil ein Anbieter für Schienenverkehre seine wichtigste Gütertrasse unfreiwillig abgesenkt hat, so haben Sie Ihre Supply Chain nachlässig konstruiert ...


Natürlich können Sie sich neben einen Baum setzen und schimpfen. Wobei wir es als unwahrscheinlich ansehen, dass sich unter den weiterhin zu entschlüsselnden Soundbites der Elefanten die Phrase findet: "Afrika ist Scheiße!" Weil sie – mag die Vorstellung auch drollig sein – nichts zum Überleben der Spezies beiträgt.


Zweitens – trompetet der Elefant – orientieren Sie Ihr Business konsequent auf Chancen statt auf Bestandswahrung! Und machen Sie sich also Handlungsgeschwindigkeit, die Fähigkeit, schnell auf spontan eintretende Ereignisse zu reagieren, zur Angewohnheit! Zur Bezeichnung welchen Vermögens der vielgeschundene Begriff "Agilität" geprägt wurde. Sollte also am anderen Ende der Savanne Regen einsetzen oder die Kuh anrufen, ist es Ihnen egal, ob Sie um 15 Uhr üblicherweise eine Akazie mampfen!


Handlungsgeschwindigkeit, Agilität setzt drittens voraus, dass Sie sich in ihren institutionellen Strukturen, in Ihren Geschäftsprozessen und Entscheidungslogiken mit Uncertainty, Unsicherheit, arrangieren: Bis Sie vor den internen Gremien den mathematischen Beweis für die Rentabilität eines Geschäfts erbracht haben, ist der See ausgesogen, noch bevor Sie seine Größe ermessen haben. Vermeiden Sie frühe Festlegungen! Denn die benehmen Sie neben einer Reihe von Optionen auch der Möglichkeit, auf neue Kenntnisstände zu reagieren: Sollten Sie sich z. B. mal über den spärlichen Ertrag eines herkömmlichen Ausschreibungsverfahrens wundern ...


Entwickeln Sie Systeme, die Sie zu Erlösquellen leiten! Darunter fällt zuvorderst der Schutz von Leerlaufzeit (idle time): Rennt Ihre ach wie "effiziente" Organisation zu 100 Prozent der verfügbaren Zeit dem Tagesgeschäft hinterher, werden Ihnen Chancen abseits desselben zuverlässig entgehen. Und Sie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit früher oder später den Innovationsnotstand ausrufen, Ideenwettbewerbe veranstalten, einer naiven "Greenfield"-Rhetorik anheimfallen, einen Fachbereich "Innovation" oder "Ideenmanagement" installieren, "Querdenker" (?) und "Visionäre" (?) einfordern oder sich sonstigen wirkungsresistenten Symptombehebungsmaßnahmen hingeben. Sinnvoller investieren Sie Ihre Zeit, indem Sie sich mit den Denkprozessen der Engpasstheorie auseinandersetzen und die Herausforderungen des Marktes zerlegen wie der Dickhäuter seine hölzernen Gegenspieler. 


Entwickeln Sie in diesem Zuge vor allem Problemlösungskompetenz! Antworten auf die täglichen Herausforderungen Ihres Geschäfts zu finden, ist die ureigene Aufgabe und die Kernkompetenz Ihrer Organisation: Weder wollen Sie die Kosten tragen, jede vertracktere Fragestellung zur Lösung an eine Beratungsgesellschaft zu übergeben, noch dürfen Sie von dieser Seite Hilfe erhoffen, die Ihre Organisation perspektivisch einzigartig macht. Agilität beschreibt, indem sie auf Handlungsgeschwindigkeit zielt, auch eine Strategie zur Maximierung externer Unabhängigkeit. Kaum verwunderlich, ist in der Zoologie noch keine Elefantenherde begegnet, die eine andere, auf Beratungsleistungen spezialisierte, nach der nächsten Wasserstelle befragt hätte – auch wenn es der artenspezifische Sprachschatz hergeben würde.


Also? Der Elefant ist evolutiv erfolgreich, weil er sich von den widrigen Bedingungen seines Lebensraumes weitgehend unabhängig gemacht hat: Durch Ausprägung spezifischer Eigenschaften, Fähigkeiten und Handlungsgewohnheiten – Adaptivsystemen, wenn man so will. Mithin ist sein Erfolg kein Zufall, nicht dem Glück einer günstigen Umgebung geschuldet, sondern allein und notwendig die Konsequenz innerer Voraussetzungen. Nicht die Restriktionen der Umwelt diktieren die Geschicke des Dickhäuters, nicht die Beschränkungen des Marktes diejenigen unserer Unternehmen: Die Möglichkeit zum Erfolg liegt in der Spezies, in unserer Organisation selbst und ausschließlich dort.


Das ist eine gute Nachricht! Und beileibe keine Utopie: Wenn's der Elefant kann ...



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